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Jan GLAS

Jan Glas begegnete ich zum ersten Mal auf seinem Workshop auf der « Journée impACT » in Ettelbrück. Damals beeindruckte mich, was er sagte und wie er es sagte. Ich bekam ganz spontan die Idee mit ihm ein Interview zu führen und Jan war einverstanden. Wir redeten über seine Arbeit als Berater, über Spielen und Kreativität. Nach dem Gespräch war ich von seiner positiven Energie ganz angesteckt. 

 

Kannst du dich kurz vorstellen, was deine Arbeit ist und was du machst?

Ich bin gelernter Industriedesigner und habe ein Ingenieurdiplom. In dieser Industrie habe ich relativ kurz gearbeitet und designt. Durch Zufall bin ich schnell selbstständiger Unternehmer geworden. Ich hatte später meine eigene Designagentur, aber bin mittlerweile wieder selbstständig und mache viel strategische Arbeit, Beratung, Workshops und Vorträge zur Kreativität und Innovation. Design spielt dabei immer die Hauptrolle, weil das für mich Problemlösen ist. 

Also keine Ästhetik?

Nicht nur. Design ist für mich die beste funktionelle Lösung finden – im breiten Sinne. Design ist alles was der Mensch berührt. Eine Organisation(Firma) will etwas verkaufen und um das zu gelingen, braucht man Design um das Produkt oder den Service zu gestalten. Aber man muss es auch kommunizieren, soziale Medien nutzen, eine Marke entwickeln, die Benutzer für das Produkt oder die Dienstleistung begeistern und das ist alles Design, für mich. Wenn das gelingt, entsteht Erfolg für Alle. Schlussendlich geht es immer darum mit den Firmen oder Organisationen die Lebensqualität des Benutzers zu verbessern. 

Und wie schafft man das alles? Man braucht ganz viel Kreativität um zu Innovativen und originellen Lösungen zu kommen, die Unternehmen oder Organisationen verbessern.

Kreativität ist für mich enorm wichtig und als ich bei “Luxinnovation“* war, habe ich mich dafür sehr eingesetzt, um das auch auf politische Ebene zu unterstützen. Daraufhin habe ich vor zwei Jahren damit angefangen das „Luxembourg Creative Industries Cluster“ aufzubauen um der Kreativwirtschaft in Luxemburg mehr Sichtbarkeit zu geben und bessere Vernetzungsmöglichkeit für die Luxemburgische kreative Unternehmen anzubieten. Ziel ist es kreative unternehmen zu fördern, dem kreativen Sektor eine bessere Erkennung zu entwickeln und den Sektor im Ausland sichtbarer zu machen. Luxemburg hat nicht das Image sehr kreativ zu sein.

Nebenbei unterrichte ich Design auf einer Schule und dort versuche ich auch die kreativen Prozesse mit den Schülern zu eröffnen und sie darauf zu sensibilisieren. 

Denkst du, dass Schüler genug Raum in der Schule haben ihre Kreativität zu entfalten?

Obwohl es die Schule gut meint, steht sie der Kreativität meiner Meinung nach, oft noch im Weg. In den letzten Jahren sind auch viele Änderungen im primären Bereich der Schule passiert. Aber im sekundären Bereich ist alles noch zu formatiert und zu formell. Änderungen sind unterwegs, aber die gehen sehr langsam.

Welche Verbindung siehst du zwischen Spielen und Kreativität? Inwiefern ist Spielen für die Kreativität wichtig?

Super wichtig. Spielen ist probieren, Spielen ist testen, Spielen ist Fehler machen. Spielen ist eigentlich ein Freiraum, wo Kinder lernen durch Fehler machen. Das ist etwas, was in den Schulen, in der letzten Zeit und Gott sei Dank, ein bisschen freier geht. Aber Spielen ist auch für Erwachsene ein wichtiges Element, das oft unterschätzt wird. Es macht Raum um ungezwungen und frei zu denken und zu schaffen.

Kann man ohne Spielen überhaupt kreativ sein? 

Antwort: NEIN.
Spielen ist Risiko nehmen in absehbaren Chaos. Und natürlich muss man aufpassen, man kann nicht mit Feuer spielen, es gibt auch Grenzen, aber das sind Sachen, die die Menschen und die Kinder selbst sehr schnell lernen. 

Du hast eine kreative Arbeit, aber denkst du, das jeder Mensch die Kreativität für sein Leben braucht?

Ich glaube schon daran, dass die Qualität der Gesellschaft durch mehr Spiel besser wird. Und das hat auch mit der Kultur, mit kulturellen Aktivitäten zu tun: Musik spielen, Sport machen, Meditieren, Lesen… Alle kulturellen Aktivitäten werden noch nicht genug wertgeschätzt aber die haben auch mit Spielen, Fantasie, Empathie und sich Versetzen zu tun. Wenn man ein Buch liest, versetzt man sich in eine andere Welt oder man taucht in eine andere Welt ein und das ist auch ein wichtiger Faktor beim Spielen finde ich. Und das muss man lernen und das geht nur durch es zu tun. Die Schulen sind ideale Brutstätte für solche Prozesse.

Denkst du, dass jeder Mensch kreativ ist?

Ja, jeder ist kreativ. Wenn man schon darüber nachdenkt, wie viele Probleme man an einem Tag löst… schon beim Aufstehen geht es los: Wecker ausschalten oder sich noch ein paar Minuten gönnen? Welchen Knopf soll ich am besten drücken?… Was mache ich zum Frühstück?… Wie viel Zeit habe ich dafür und wer isst mit? Das alles sind schon sehr kreative Prozesse.

Und wie kann man die Kreativität entfalten oder wie machst du das bei deinen Studenten?

Die Studenten, die sind schon sehr formatiert, die haben Probleme damit sich wirklich zu entfalten, weil es schon eigentlich zu spät ist. Darum sind die Jahre in der Grundschule wichtig, wo sie mit Spielen, richtig Spielen, Kreativität lernen können. Und natürlich kann man das später auch. Jeder ist auch kreativ im späteren Alter, aber dann hat man sich schon gewisse Gewohnheiten angeeignet. Dort spielt auch Gehirnentwicklung eine Rolle. Ich glaube zwischen vier und acht Jahren, da ist ein wichtiger Moment in der Entwicklung. Und darum finde ich es Schade, dass man oft sieht, dass die Kinder in dem Alter sehr oft gepuscht werden Sachen zu machen, in « Kästen » gesetzt oder in Fächer gedrückt werden, formatiert werden und ich finde, dass man den Kindern Freiraum geben muss, um sich selbst zu entdecken. Und nicht verpflichtet in die Musikschule zu gehen oder das und das zu machen. Deswegen würde ich gerne Langweilstunden in der Schule sehen, die leeren Stunden, die « Nichts Stunden » oder so. Das würde ich sehr, sehr schön finden. Und natürlich begleitet, aber hier machst du, was du willst. Sogar zuhause bekommen sie das nicht. Heutzutage werden sie durch die digitalen Medien und Instrumente sehr abgelenkt von der persönlichen Entwicklung. 

Hast du dich Selbstständig gemacht, um deinen Kunden Design Management anzubieten?

Ich bin selbstständig und unterrichte einige Stunden pro Woche am Lycée des Arts et Métiers, Luxembourg. Seit kurzem habe ich die Firma yellow ball sàrl-s aufgerichtet und arbeite unter diesem Namen. Es ist immer schwer zu erklären, was ich genau mache und als « Baseline » benutze Ich « Managing Diversity, Creativity and Innovation », aber das bleibt sehr vage. Mit Diversität meine ich alles miteinander kombinieren und keine Vorbehalte haben. Mit Kreativität meine ich unerwartete, originelle und funktionelle Lösungen finden mit dem Ziel zu Innovieren, zu verbessern. Das ist für mich den roten Fäden. 

Und wie sieht es in der Praxis aus?

Mit dem Kunden wird immer zusammengearbeitet. Aber ich versuche auch bei jedem Projekt jemand anderen mit einzubinden. Das erkläre ich auch den Kunden. Es kann ein Designer, ein Experte oder eine Firma sein und wir arbeiten als Partner zusammen. Es geht mir darum selber zu lernen aber auch um, zu teilen. Es gibt Projekte, die könnte ich alleine mit den Kunden machen, aber ich versuche das zu vermeiden. Und das ist mein Kredo, wenn Leute mich um Rat fragen, dann teile ich mein Wissen oder meine Meinung umsonst. Die Gesellschaft lebt nämlich vom Teilen. Wenn wir alles für uns selbst behalten würden, dann kämen wir nicht weiter.

Und bist du alleine?

Seit kurzem habe ich eine Mitarbeiterin, worauf ich mich sehr freue, weil sie viel zu den Projekten beiträgt. Ich werde zwar weiter Kollaborationen mit anderen Suchen, weil ich nicht daran glaube, dass man alleine (oder zu zweit) weiß, was die beste Lösungen sind. Man sollte es immer kollektiv machen, auch mit dem Kunden. Erstens, weil man dann viel mehr Kompetenzen und Wissen hat. Zweitens hilft es sehr die Barrieren – Ängste für Veränderung – zu lindern. 

Was machst du gerade, auf welchen Projekten arbeitest du?

Für die Gemeinde Remich sind wir dabei zusammen mit den Bürgern und dem Gemeinderat verschiedene Projekte vorzuschlagen die Lebensqualität in der Gemeinde zu verbessern. Wir haben verschiedene Bürgerpartizipationsveranstaltungen organisiert und moderiert.
Mit der Up Foundation und der Gemeinde Esch-sur-Alzette haben wir folgendes Projekt mitgeholfen: Es gibt in Esch ungefähr 600 Kinder, die während der Mittagspause nichts zu tun haben, kein Essen serviert bekommen und dann auf der Straße lungern. Die Idee ist es Bildung und Möglichkeiten zum Essen miteinander zu verbinden. Bildung im breiten Sinne. Das Escher Theater hatte die Idee, dass man da essen kann und gleichzeitig ein bisschen Theater spielt oder guckt. Verschiedene andere Vereinigungen machen mit und in der Gemeinde ist eine enorme Offenheit dafür. Man muss nur die Leute zusammensetzten und mit deren Ideen arbeiten, weil sie die Experten sind und dann funktioniert es. 

Was inspiriert dich?

Was mich inspiriert sind Projekte aufzusetzen, Veränderungen zu initiieren die Vorteile bringen und Menschen Freude bereiten. Dass man mit einem Lächeln ein Projekt sieht und denkt: „Ja, das ergibt Sinn, ist sympathisch und macht Freude“. Darum geht es.

Z. B. Für die Gemeinde Remich wäre es schön einmal im Jahr ein Brückenfest zu organisieren, wo Leute am Anfang denken, die sind verrückt… Die Brücke ist in Remich ein wichtiges Element für den Verkehr und der beeinträchtigt den Ort stark. Die Idee ist die Brücke und das ganze Zentrum für normalen Verkehr zu zumachen und dann die Leute einladen über die Mosel mit ihrem eigenen « Ding » was sie gemacht haben, zu überqueren – als Wettbewerb. Dann geht es auch darum, wer das verrückteste, das schnellste oder das langsamste Floss hat und dafür witzige Preise geben. Dazu macht man Musik und Veranstaltungen, wo sich Leute kennenlernen und Spaß zusammen haben. Die Symbolik der Idee spricht mich an und ich bin überzeugt, dass die Leute es verstehen werden.

Diese Idee finde ich auch sehr interessant: Das Hochwasser-Problem in Remich ist allgegenwärtig und wird, wie es aussieht, nicht weniger werden. Die Idee ist, wenn Hochwasser ist, wird ein Hochwasserfestival organisiert,. Ein soziales Ereignis und der Eintritt ist einen Eimer Dreck wegzuschleppen. Ein positiver Ansatz. Katastrophe? Aber nein, jetzt machen wir ein Festival! Das finde ich schön. Und damit wird das Hochwasser hoffentlich ein bisschen ein kleineres Problem. 

Vielen Dank. 

Mehr über Jan finden Sie hier: www.yellowball.lu

*Luxinnovation ist die Nationale luxemburgische Agentur zur Unterstützung von Innovation.